Rundes Jubiläum mit Ball

Schon seit 50 Jahren spielen Frauen beim VfL Kaltental Fußball. Trainer Peter Meinert betreut das Kreisliga-Team seit 1994: „Meine Mädchen und Frauen halten mich eben fit“, sagt der 57-Jährige mit einem Augenzwinkern.

Die Kaltentalerinnen sind wahre Pionierinnen in Sachen Frauenfußball. Vor 50 Jahren sind die Fußballdamen des VfL zum ersten Mal im Kreis Stuttgart angetreten – und seitdem jagen Mädchen und Frauen aus dem Stuttgarter Bezirk mit Leidenschaft Ball und Toren hinterher. Etwas Besonderes zeichnet die Damenmannschaft des VfL Kaltental, die in der Kreisliga antritt, auch noch aus: In den 50 Jahren gab es nur zwei Trainer, und der aktuelle Übungsleiter Peter Meinert ist seit 1994 dabei.
Im Juni wurde beim Vereinsheim in der Christian-Belser-Straße ein rauschendes Fest anlässlich 50 Jahre Frauenfußball in Kaltental gefeiert. Es gab ein Damen-Fußball-Kleinfeldturnier, und als absolutes Highlight traten ein Damen-„Allstars“-Team gegen die aktuellen Frauen des VfL Kaltental an. Die Partie endete mit einem 3:1-Sieg für die aktuellen Spielerinnen. „Das war für uns der Höhepunkt des Jubiläums, es hat super viel Spaß gemacht, und die Allstars waren voll dabei, die haben alles gegeben“, sagt Nina Guérin, eine der Kreisliga-Spielerinnen von heute. Der Abend klang mit Ansprachen, Ehrungen und einer After-Show-Party mit DJ Marc Manella aus.
Die besten deutschen Fußballerinnen kämpfen gerade in Australien um den Weltmeisterschaftspokal. Auch die Fußballerin aus Kaltental schauen zu, wenn sich ihre großen Vorbilder auf internationaler Ebene präsentieren. Das ein oder andere werden sich die VfL-Spielerinnen, die zwischen Anfang 20 und über 40 Jahre sind, auch abgucken, wenn sie Anfang August wieder ins Training für die neue Saison starten – mit ihrem bewährten Coach Peter Meinert, der selbst noch immer in der Kreisliga B bei der Zweitvertretung des VfL Kaltental spielt. „Meine Mädchen und Frauen halten mich eben fit“, sagt der 57-Jährige mit einem Augenzwinkern.
Dabei war Fußball für und mit Frauen in Deutschland lange verpönt. Am 30. Juli 1955 verabschiedete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sogar einen Beschluss, der die Gründung und Führung von Damenteams verbot, mit der Begründung: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Bis 1970 blieb den Frauen in Deutschland das Fußballspiel untersagt. Und fast sofort nach Ende des DFB-Verbots taten sich erste engagierte Frauen zusammen, um beim VfL ein Damenteam zu gründen, das dann 1973 zum ersten Mal offiziell antreten konnte. Allerdings mit bizarren Sonderregelungen. Denn die Damen durften damals zum Beispiel keine Stollenschuhe tragen und nur mit einem kleineren Jugendball sowie verkürzten Spielzeiten spielen.
Diese Zeiten sind zum Glück längst vorbei. Belächelt werden die Mädchen und Frauen, die Fußball spielen, schon lange nicht mehr. Siehe die Weltmeisterschaft in Australien. Nina Guérin jedenfalls könnte sich keine bessere Freizeitbeschäftigung vorstellen. Sie liebe den Mannschaftssport und den Teamgeist, sagt die 34-jährige Außenverteidigerin. „Bei keinem anderen Sport mache ich mich so kaputt, aber ein Sieg, den man mit anderen teilt, ist auch etwas ganz Besonderes.“ (www.vfl-kaltental.de).

Frauenfußball in Deutschland

Deutschland ist in Sachen Frauenfußball ein Spätstarter. Als der Fußball anno 1863 durch die internationale Vereinheitlichung der Regeln zu einer Sportart wurde, spielten auch Mädchen an englischen Schulen dieses Spiel. 1894 wurde das erste britische Frauen-Fußballteam, die British Ladies, von Nettie Honey- ball gegründet.
In Deutschland hingegen spielten Frauen noch um die Jahrhundertwende eine Art „Fußball für Frauen“, bei dem sie sich im Kreis stehend den Ball gegenseitig zuspielten. Während der Frauenfußball in anderen europäischen Ländern in den 1920er-Jahren einen ersten Höhepunkt erreichte, war er in Deutschland noch eine Randerscheinung. Das Spiel mit dem Ball nach Art der Männer galt als für Frauen moralisch verwerflich. So beschwerte sich der Deutsche Turner-Bund (DTB) über in kurzen Hosen spielende Studentinnen der Deutschen Studentenvereinigung (DSV), solcherlei Auftreten sei „künftigen deutschen Akademikerinnen unangemessen“.
Erst am 31. Oktober 1970 hob der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sein Frauenfußballverbot aus den 1950er-Jahren wieder auf. In Berlin wurde 1971 der erste Verbandsmeister Deutschlands ermittelt. 1986 fasste der DFB auf seinem Verbandstag in Bremen den Entschluss, eine Bundesliga im Frauenfußball einzuführen.