Kalin Stefanov: Backgammonfieber

Der 20-jährige Bulgare plant von Stuttgart aus seine Profikarriere.

„Hello, I am Kalin“. Kalin Stefanov – genannt der Kalinator – ist 20 Jahre alt, kommt aus Sofia in Bulgarien und lebt derzeit in einer WG im Stuttgarter Osten, um seinen Traum zu leben: eines Tages Backgammon-Weltmeister in Monte Carlo zu werden!
Vor 20 Jahren in Sofia geboren und aufgewachsen, hat sich der junge Bulgare 2023 entschlossen, sein Heimatland zu verlassen und nach Deutschland zu gehen. Sein zehn Jahre älter Bruder hat sich Bern in der Schweiz als neuen Arbeitsplatz herausgesucht, Kalin landete „random“, also per Zufall, in Stuttgart.
Eigentlich hatte er sich vorgenommen, als Billardprofi Fuß zu fassen, aber schnell stellte sich heraus, dass sein eigentliches Talent nicht Billard, sondern Backgammon ist.   Kalins aktueller Traum: Backgammonprofi  werden. Erste Erfolge stellen sich jetzt ein, jüngst gewann er die Genf Open und kassierte ein Preisgeld von 1600 Schweizer Franken. Dabei musste er an drei harten, langen Tagen   viele und knappe Backgammonspiele bestreiten, bis er schließlich im Finale den Vorjahressieger Denis Etienne besiegte. „Das war mein erster Cup bei einem live First-Major-Backgammon-Turnier“, berichtet er stolz. Und es soll erst der Anfang einer Profikarriere sein. Bei Onlineturnieren hat Kalin schon große Erfolge gefeiert, zum Beispiel einen zweiten Platz bei den Jugend-Weltmeisterschaften 2023.

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Kalins aktueller Traum: Backgammonprofi werden

Kalin ist zuversichtlich, in ein paar Jahren  als Backgammonprofi seinen ganzen Lebensunterhalt verdienen zu können. Auch  seinen Billardtraum hat er noch nicht ganz aufgegeben. Noch muss Kalin als Minijobber hinter einer Stuttgarter Bar arbeiten. Aber die restliche Zeit geht bei ihm für Backgammontraining drauf. Täglich Onlinematches, regelmäßig Onlineturniere, ab und zu richtige Turniere, zum Beispiel in Ulm vor ein paar Tagen, als er sich bis ins Halbfinale spielte. Auf solchen Master-Turnieren muss er sich  für die deutschen Meisterschaften 2025 qualifizieren, gerade führt er in diesem Ranking, erzählt er stolz.  Als Turniervorbereitung trainiert Kalin Stefanov Berechnungen, Wahrscheinlichkeiten  und Möglichkeiten des Backgammonspiels. „Backgammon ist sehr kompliziert. Man muss viel auswendig lernen. Das gute an den Online-Backgammon-Spielen ist, dass  dir immer genau dein Level widergespiegelt wird. So weiß man genau, an welchen Stellen man sich noch verbessern muss und kann“, erzählt er mit leuchtenden Augen. Man spürt, ihn hat das Backgammonfieber gepackt, wenn er von seinem Lieblingsspiel erzählt.

Um erfolgreich im Backgammon zu sein, braucht es Können und Glück

Ein Backgammonspiel dauert zwischen einer und zwei Stunden. Backgammon wurde vor über 4000 Jahren in Persien (Iran) erfunden – so wie Schach übrigens auch –, und die Regeln haben sich seither fast überhaupt nicht verändert.  In Deutschland wird es immer beliebter, aber auch in den USA oder in Brasilien und überall auf der Welt wird das Spiel auf professionellem Niveau gespielt. Kalin kann sich vorstellen, selbst auch in Stuttgart sehr bald Backgammonturniere zu organisieren. „Aber mitspielen werde ich da auf jeden Fall auch“, lacht er.
Warum er so gut in Backgammon ist? „Keine Ahnung, ehrlich, wahrscheinlich ist es doch Talent“, schmunzelt er. Sein Vater hat ihm das Spiel vor fünf Jahren beigebracht. „Zuerst dachte ich, was für ein dummes Spiel, aber das hat sich dann schnell für mich grundlegend geändert.“ Er geht in die Tiefe: „Die Chance beim Backgammon ist, dass du oft gegen Gegner spielst, die denken, sie seien besser, sind es aber nicht“. Um erfolgreich im Backgammon zu sein, brauche es Können und Glück – und vielleicht auch ein bisschen Psychologie. „Aber ohne Können ist man auf Dauer niemals erfolgreich“, weiß er und setzt selbstbewusst nach: „Wenn ich zu viel gewinne, motiviert mich das nicht so sehr, ich will immer besser werden.“ Kalins Deutsch ist noch verbesserungsfähig, aber Deutsch zu lernen sei ihm gerade nicht so wichtig, gibt er zu. In Stuttgart käme er sehr gut mit Englisch durch, und im Alltag hätte er außer für Haushalt, Kochen und Backgammon gar keine Zeit – ein moderner junger Europäer eben.

Der Traum vom Billard ist noch nicht ganz begraben

In Stuttgart liebt er die Aussicht über die Stadt von der Weinsteige aus. Ansonsten hat er von Stuttgart noch wenig mitbekommen, für Oper, Ballett oder Mineralwasser interessiert er sich weniger. Besonders freut er sich auf das Turnier in seiner Heimatstadt Sofia jetzt vom 19. bis 21. Juli – für ihn eines der wichtigsten Turniere im Jahr. Und so ganz nebenbei hat er seinen Traum vom Billard auch noch nicht ganz begraben. Und irgendwann dann: Backgammon-Weltmeister in Monte Carlo! Wir drücken die Daumen!