„Der Geizige“ wurde bei ihm zum „Entaklemmer“
Hans Bayer alias Thaddäus Troll hat viel für die schwäbische Mundart getan. Der Cannstatter war mehr als „nur“ der Stuttgarter Heimatdichter – Begraben ist er auf dem Steigfriedhof – Der Verein ’s Dudelsäckle hält sein Gedenken hoch und gibt jährlich „Thaddäus Trolls schwäbischer Schimpfkalender“ heraus.
Thaddäus Troll war viel mehr als nur der „Stuttgarter Heimatdichter“, aber der war er eben auch. Bis heute gilt Hans Wilhelm Bayer alias Thaddäus Troll als einer der vielseitigsten Mundartdichter. Er schrieb tiefgründige und heitere Prosa auf Schwäbisch, Gedichte und Miniaturen. Er übersetzte auch fremdsprachige Texte ins Schwäbisch, Molière zum Beispiel. „Der „Geizige“ wird bei ihm zum „Entaklemmer“. Der Autor und Dichter hat viel für den schwäbischen Dialekt getan.
Thaddäus Troll: Schwäbischer Heimatdichter und viel mehr
Zum Beispiel mit seinem Aufklärungs-Kinderbuch in schwäbischer Sprache „Wo kommet denn dia kloine Kender her?“ aus dem Jahre 1974. Beschrieben von ihm als „A Bilderbuach ieber a hoikels Thema ohne Dromromgschwätz fir Kender ond fir Alte, wo jong blieba sent. Ein aufklärendes Bilderbuch ohne Schmus für Kinder und junggebliebene Erwachsene nach dem erfolgreichen Buch von Peter Mayle.
Thaddäus Troll, eigentlich Hans Bayer (* 18. März 1914 in Bad Cannstatt, † 5. Juli 1980 in Stuttgart), war ein deutscher Schriftsteller und einer der bekanntesten schwäbischen Mundartdichter. Er verfasste Essays, Feuilletons, Glossen, Reise- und Städtebücher, Kinderbücher, Romane, Satiren, Sketche, Mund-Art-Gedichte, Hör- und Fernsehspiele, Theaterstücke. Hans Bayer wuchs in Bad Cannstatt auf, seine Familie betrieb in der Marktstraße ein Seifensiedereigeschäft.
Von Cannstatt nach Stuttgart: Die prägenden Jahre von Hans Bayer
1932 machte er am Johannes-Kepler-Gymnasium das Abitur. Nach einer kurzen Volontärszeit bei der Cannstatter Zeitung studierte er Germanistik, Kunstgeschichte, vergleichende Literaturwissenschaft sowie Theater- und Zeitungswissenschaft und promovierte 1938 in Leipzig mit der Dissertation „Presse- und Nachrichtenwesen der im Weltkrieg kriegsgefangenen Deutschen“. In Tübingen war Bayer aktiv bei der Turnerschaft Palatia, einem Korporationsverband pflichtschlagender und farbentragender Studentenverbindungen. Bayer wurde 1938 Soldat und war als Angehöriger einer Propagandakompanie ab 1941 auch an der Ostfront im Einsatz, leider auch mit antisemitischen Beiträgenwie Bildreportagen aus dem Warschauer Ghetto und mit Beiträgen im schönfärberischen NS-Propagandastil.
Aus der 1945 mit der Journalistin Elfriede Berger geschlossenen Ehe ging die Tochter Eva-Suzanne hervor. Nach wenigen Jahren ließ sich das Paar scheiden und Bayer heiratete die Journalistin Susanne Ulrici. Mit ihr hatte er zwei Töchter.
Politisches Engagement und literarisches Schaffen als Thaddäus Troll
1947 wurde er Mitarbeiter des Spiegel, für den er bald und bis 1951 als Korrespondent aus Stuttgart und als Theaterkritiker berichtete. Der Geheimdienst BND nutzte Bayer/Troll wohl auch als Informant. Um den Zwängen der Reportage und Sachliteratur etwas entgegenzusetzen, konzipierte er bereits 1945 mit Werner Finck in Stuttgart Das Wespennest als erste deutsche satirische Nachkriegs-Zeitschrift. Es folgte als „Fortsetzung des Humors mit anderen Mitteln“ und wiederum zusammen mit Werner Finck die Gründung der Radikalen Mitte als „Parodie-Partei“, heute wäre es wohl „Die Partei“.
Ab 1948 arbeitete er zudem als freier Schriftsteller. Für diese belletristische Seite seines Werkes wählte er das Pseudonym Thaddäus Troll, um so in „alphabetisch geordneten Bücherschränken links neben Tucholsky zu stehen“. In dessen satirischer Tradition war er auch bis 1953 Texter für das Düsseldorfer Kabarett „Kom(m)ödchen“.
Troll/Bayer verstand sich stets auch ohne Parteibuch als (berufs-)politisch aktiver Autor. Als Programmbeirats der ARD setzte er sich für die Berücksichtigung von Programmen in Dialekt ein. Von 1968 bis 1977 war der SPD-nahe Troll auch erster Vorsitzender des baden-württembergischen Schriftstellerverbands.
Ein bleibendes Vermächtnis: Der Thaddäus-Troll-Preis und Cannstatter Ehrenplatz
1980 nahm er Troll, schon länger an schweren Depressionen leidend, 66-jährig in Stuttgart das Leben und wurde auf dem Steigfriedhof in Bad Cannstatt beerdigt. Ein typische Troll-Anekdote: Die Trauerfeier hatte er bereits zu seinen Lebzeiten geplant. Der Geistliche hatte sich so kurz wie möglich zu halten, ein von ihm selbst verfasster Nachruf wurde verlesen sowie an die Trauergäste verteilt. Anschließend wurde Wein der Sorte Trollinger aus seinem Geburtsort Cannstatt ausgeschenkt. Das Grab von Thaddäus Troll auf dem Steigfriedhof ist in der Zwischenzeit ausgelaufen. Die Grabpflege hat jetzt der Verein Pro-Alt Cannstatt übernommen und die Stadt Stuttgart führt es als „Ehrengrab“. Bad Cannstatt ehrt seinen berühmten Bürger noch heute am Ende der Marktstraße mit einem Thaddäus-Troll-Platz inklusive „Entaklemmer“-Denkmal. Der Verein `s Dudelsäckle hält Trolls Gedenken hoch und ist auch Mitherausgeber vom „Thaddäus Trolls schwäbischen Schimpfkalender“, der jährlich vom Mitglied Eleonore Lindenberg zusammengestellt wird. Eleonore Lindenberg ist die ehemalige Sekretärin von Thaddäus Troll. Sie lebt in Luginsland.
Zum Andenken an Thaddäus Troll vergab der von ihm 1973 mitgegründete Förderkreis der Schriftsteller:innen in Baden-Württemberg e. V. zwischen 1981 und 2022 den Thaddäus-Troll-Preis, welcher 2023 in Anna-Haag-Preis umbenannt wurde.