Schwäbisch ist .... ein Stück Heimat!
So sen mir Schwoba! Teil 3: Der Verein „schwäbische mund.art“ sorgt seit 1997 für Erhalt und Verbreitung des Schwäbischen im Ländle.
Im Verein „schwäbische mund.art“ haben sich Autor:innen, Musiker:innen, Interpret:innen, Forscher:innen, Freund:innen, Gönner:innen und Förder:innen des Schwäbischen zusammengefunden, um sich aktiv mit der Pflege, dem Erhalt und der Erforschung der Mundart zu beschäftigen. Es geht aber auch um Nachwuchsförderung.
Der Verein wurde 1997 von 28 Mundartkünstlerinnen und -künstlern sowie -sympathisanten auf Initiative der Fellbacher Märchenerzählerin Sigrid Früh und des Mundartpfarrers Rudolf Paul gegründet. Noch im Gründungsjahr ist der heutige Vorsitzende (seit 2012), der Herrenberger Wolfgang Wulz, als Autor (unter anderem des Buches über die Stuttgarter Necknamen) beigetreten. Seit 2012 hat er zusammen mit einem neuen Führungsteam das 2002 ins Leben gerufene und alle zwei Jahre in den Sparten Literatur, Lied und Kabarett stattfindende Leuchtturmprojekt „Sebastian-Blau-Preis für schwäbische Mundart“ weiterentwickelt. Insbesondere hat der damals noch unter 30-jährige Liedermacher und Blau-Preisträger von 2012, Pius Jauch, als stellvertretender Vorsitzender den renommierten Wettbewerb mit neuen Ideen wie der Einführung einer Sparte „Film“ sowie der Schaffung eines Internetpreises über ein Online-Voting belebt.
Schwäbisch ist ... Kulturgut
Warum setzt sich der Verein fürs Schwäbische ein?
• Schwäbisch ist Kulturgut.
Es lebt noch und ist erhaltenswert, weil es das Leben bereichert. Auch in 100 Jahren soll man noch die Werke der großen Mundartdichter verstehen.
• Schwäbisch ist ein Stück Heimat. Wer einmal längere Zeit in anderen Ländern oder auf anderen Kontinenten war, der lacht nicht mehr über das Wort Heimat. Wer fern der Heimat war, der hat erfahren, wie sehr der Klang der Heimatsprache ans Herz geht. Heimat ist nicht nur Wald und Feld, Berg und Tal, Stadt und Dorf. Heimat bedeutet vielmehr auch Menschen mit ihrer eigenen Sprache, unserer Sprache. Wer eine solche Heimat hat, kann sich glücklich schätzen.
• Schwäbisch ist persönlich. Es hilft uns, aus der Masse heraus unsere Persönlichkeit zu wahren. Individualisten sind jene, die schwäbisch schwätzet, bewusst oder unbewusst. Sie haben ihre eigene, individuelle Sprache: privat, in der Freundschaft, in der Liebe und in der Öffentlichkeit. Nicht jeder hat eine solche Sprache.
• Schwäbisch ist sozial. Es verbindet. Es ist eine gemeinsame Ebene, selbst wenn der eine „an bsondrer“ und der andere „an gwehnlicher“ Mitmensch ist. Das Schwäbische verbindet die Menschen, unabhängig von der Stellung in der Gesellschaft.
• Schwäbisch ist Bindeglied. Mit seinem alemannischen Stamm ist es nicht nur Brücke zu anderen Menschen, es ist auch eine Brücke zu anderen Nationen. Es verbindet uns mit dem Elsass, der deutschsprachigen Schweiz, dem österreichischen Vorarlberg und Teilen Badens. In all diesen Gegenden sind Alemannen zuhause.
Der Verein fördert die Mundart durch die Unterstützung seiner Künstlerinnen und Künstler
Der Verein ist seit 2012 von 130 auf über 400 Mitglieder angewachsen und hat mit jährlich etwa 50 bis 60 Vereinsveranstaltungen an Spielorten und Gaststätten im ganzen Land ein umfangreiches Programm. Von den sieben Vorstandsmitgliedern und ebenso vielen Verantwortlichen für die lokalen Stammtische wird die ganze Last der ehrenamtlichen Vereinsorganisation getragen. „Angesichts der Altersstruktur der Mitgliedschaft sowie des Vorstands und auch der zahlreichen künstlerischen Mitglieder, die vom Verein zwar die Vermittlung von Auftritten erwarten, aber nur in ganz wenigen Fällen auch ein unterstützendes organisatorisches Engagement einbringen, wird es immer schwieriger, das bisherige Angebot und die allseits geschätzte Stellung unseres Vereins in der Öffentlichkeit aufrecht zu erhalten“, beklagt Wolfgang Wulz.
Der Verein fördert die Mundart durch die Unterstützung seiner Künstlerinnen und Künstler, die in ihren literarischen Werken, mit ihren Liedern, kabarettistisch-komödiantischen Programmen, mit ihren Filmen und digitalen Projekten engagierte und glühende Botschafter ihrer schwäbischen Muttersprache sind. „Wenn das mit Leidenschaft und Freude gemacht wird, bleibt auch die Mundart beliebt und bekannt“, ist sich Wulz sicher. „Nach meinem Eindruck stehen wir da viel besser da als zu unserer Gründungszeit, allerdings brauchen wir nun künftig auch Nachwuchskräfte aus der Gruppe der unter 40- und 30-Jährigen. Die sind sehr rar.“
Dachverband der Dialekte in Baden-Württemberg e.V. (DDDBW)
In den Schulen und zuletzt auch in den vorschulischen Einrichtungen versucht der Verein seit 20 Jahren mit dem Projekt „Mundart in der Schule“ und mit Schulwettbewerben bei den Kindern und Jugendlichen für die Mundart zu werben. „In mehr als 1500 Mundartdoppelstunden haben wir an die 30 000 Schüler erreicht. Ziel ist, die verbliebenen schwäbischen Muttersprachler darin zu bestärken, den Dialekt nicht als etwas Schlechtes abzulegen, sondern seine Chancen und seine Vielfalt als weiteres Instrument der Kommunikation zu nutzen. Alle anderen sollen durch die sympathische Präsentation des Dialekts dafür gewonnen werden, ihn als kulturelle Bereicherung wertzuschätzen“, so Wulz.
Durch die Dialektinitiative des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wurde seit 2018 große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erzielt. Nach einer Unterbrechung durch die Pandemie hat eine interfraktionelle Landtagsgruppe zusätzlich die Initiative ergriffen und beim Gesetzgeber Mehrheiten auch für eine stärkere finanzielle Unterstützung der Dialektforschung sowie der gemeinnützigen Vereinigungen der Dialektpflege gefunden. So konnte 2023 der Dachverband der Dialekte Baden-Württemberg e.V. (DDDBW) mit einer hauptamtlich besetzten Geschäftsstelle gegründet werden. Ein Landesdialektpreis wurde hier ins Leben gerufen, die Preisverleihung wird am 21. Oktober im Stuttgarter Neuen Schloss vom Ministerpräsidenten vorgenommen. Die kabarettistischen und komödiantischen Events des Vereins finden den größten Zuspruch, wie etwa die Programme der Blaupreissieger „Hillu’s Herzdropfa“ (2016), Marlies Blume sowie Ernst & Heinrich (alle im Jahr 2006).
Aber auch sehr feine und hintergründige Werke, wie etwa die Gedichte und Hörspiele des Degerlocher Mitglieds Peter Schlack, finden ein interessiertes Publikum. Der SWR hat in den vergangenen Jahren mehrere seiner Texte als Hörspiele produziert und mit Kompositionen des Liedermachers Pius Jauch versehen. „Seit einigen Jahren produziert die Welle SWR 4 mit dem Programmplatz Mundart und Musik wieder verstärkt Aufzeichnungen unserer Veranstaltungen, die seit kurzem auch in der ARD-Audiothek zu hören sind“, so Wulz.