Mit Beginn der Corona-Pandemie hat der Leiter des Akademischen Orchesters und des Unichors sein Amt angetreten.
„Es ist manchmal schon eine Herausforderung, alle wieder zusammenzubringen und auf das eigentliche Werk zu fokussieren.“ Das hat Mihály Zeke im Frühjahr 2013 gesagt, als Dirigent des Opernchors in Dijon, der dabei war, Dukas‘ „Ariane et Barbe-bleue“ einzustudieren. Gerade mal 31 Jahre alt war der in Stuttgart ausgebildete Kirchenmusiker, Pianist, Organist und Chorleiter mit britisch-deutscher Staatsangehörigkeit und griechisch-ungarischer Abstammung damals. Und gesagt hat er es ganz, ganz leise, eigentlich war es nur ein Murmeln, ein leichtes Seufzen. Es waren die kleinen Leiden eines jungen Dirigenten, der zu spüren bekam, welche Energie, Ausdauer und Empathie es braucht, einen Profichor auf Intonation und Rhythmus zu trimmen, sodass die Genauigkeit auch beim Chefdirigent der Oper abgerufen werden konnte.
Jetzt ist die Herausforderung eine andere: Im Februar betritt Mihály Zeke als Dirigent des Akademischen Orchesters und Chors der Universität Stuttgart die Bühne im sehr gut besetzten Beethovensaal. Es ist nicht das erste Konzert, das in der Corona-Pandemie vor Publikum stattfindet. Aber die „Liebesode“ mit Tschaikowskys 5. Sinfonie und die Enigma-Variationen von Edward Elgar sind eine Art Feuerprobe, bei der auch der Leiter der rund 100 jungen Musikerinnen und Musiker im Mittelpunkt steht.
„Wir hatten ein intensives Probenwochenende an der Landesakademie in Ochsenhausen“, sagt Zeke, der mit Beginn der Pandemie sein Amt angetreten hat – mit verschärftem Testen und unter strengen Hygienemaßnahmen. „Und auf der Bühne haben sich die Emotionen, die sich in zwei Jahren angestaut haben, auch beim Musizieren entladen.“ Die Zuhörerinnen und Zuhörer im Beethovensaal gehen während des Konzerts mit und spüren, wie an den Werken gefeilt worden ist.
„Schade, dass der Chor (Anmerkung der Red.: die Pandemie hatte einen Strich durch die Rechnung gemacht) nicht auftreten konnte“, sagt der heute 40-Jährige – obwohl auch die Sängerinnen und Sänger des Unichors unter Zekes Leitung in den vergangenen zwei Jahren in Tübingen eine Mozart-Motette zu Pfingsten oder das Cherubini-Requiem in der „Stunde der Kirchenmusik“ aufgeführt haben. Im Gegensatz zu den Profis eines Opernchors sei bei einem Chor an einer Hochschule die Aufgabe, die Laien immer wieder zu motivieren, starke Impulse zu setzen, zu animieren, Werke auch zu Hause zu üben. „Man greift ja schon in den Freizeitbereich der einzelnen ein“, so der Kosmopolit, der schon als Sechsjähriger in einem Film des häufig ausgezeichneten Regisseurs Theo Angelopoulos eine der beiden Hauptrollen spielte. Der Film gewann 1988 einen Silbernen Löwen in Venedig.
Mihály Zeke leitete parallel zur Tätigkeit in Dijon von 2012 bis 2015 den jungen deutsch-französischen Kammerchor Candides, der 2014 den ersten Preis im Internationalen Chorwettbewerb Neuchâtel gewann. Er gastierte als Chorleiter an der English National Opera und am Théâtre des Champs-Elysées. 2015 übernahm er die Leitung des französischen Kammerchores Arsys, dessen CD-Einspielung „Naissance de Vénus“ mit französischen A-cappella-Werken von Debussy bis Messiaen in der Fachpresse ausgezeichnet wurde. Der Chor probt in Vézelay, einem auch hierzulande bekannten, kleinen Wallfahrtsort auf dem Jakobsweg in Burgund mit beeindruckendem Kloster, das schon von Weitem den Pilgern den Weg weist.
Zurück in Deutschland war die erste Station die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, wo Zeke seit 2017 unterrichtet. Es folgte eine Professur von 2018 bis 2021 für Chor- und Orchesterleitung an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik in Tübingen.
Dass in den vergangenen zwei Jahren manches auch aufgrund der Unterstützung von engagierten, ehrenamtlichen und oft langjährigen Akademie-Musik-Mitgliedern geklappt hat, schätzt er sehr. „Es ist ja bekannt, dass meine Vorgängerin Veronika Stoertzenbach hier sehr gute Strukturen gelegt hat, und in der Krise hat man gemerkt, wie hier Leute hervorgetreten sind, die zusätzlich zur Probenarbeit zum Beispiel digitale Übe-Plattformen ausprobiert haben.“ Jetzt gilt es, für die verschobene USA-Reise an der Westküste Sponsoren zu gewinnen. „Wir hoffen, dass das funktioniert.“ Neben der Universitätsmusik leitet Zeke den von ihm gegründeten professionellen europäischen Kammerchor Cythera, dessen erste CD-Einspielung Homelands Vol. 1 mit Werken von Bartók, Kodály, Schönberg und Brahms im Februar 2021 erschienen ist.