Der 2007 ermordete Yvan Schneider ist am Wagenburg-Gymnasium in Stuttgart und bei den Handballern des TV Stetten nicht vergessen.
Der Mord an Yvan Schneider hat im Sommer 2007 nicht nur sein nahes Umfeld, Familie und Freunde erschüttert. Die Art und Weise, wie der 19-Jährige aus Rommelshausen starb, der auf das Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium ging und beim TV Stetten Handball spielte, hat die Öffentlichkeit entsetzt, so weit sie von der Bluttat erfuhr. Auch 15 Jahre später ist Yvan Schneider nicht vergessen – weder in seiner ehemaligen Schule, noch bei seinen Sportgefährten. Kürzlich haben sie den Baum verpflanzt, der gleich nach der schrecklichen Tat im hinteren Teil des Schulhofs des Wagenburg-Gymnasiums gepflanzt worden war. Er steht den Bauarbeiten für den Erweiterungsbau für die Mensa im Weg.
Doch den Baum einfach zu fällen, das wäre nicht gegangen, sagt Michael Nowak, der Direktor der Schule. Nicht nur, weil sich dort jedes Jahr am 14. Oktober, dem Geburtstag von Yvan Schneider, um 18 Uhr ehemalige Klassenkameraden versammeln, um seiner zu gedenken. Der Mordfall, so Direktor Nowak, der erst vor etwas mehr als sechs Jahren aus Hessen ans Wagenburg-Gymnasium kam, sei fest im „kollektiven Schulgedächtnis“ eingebrannt und der Baum kein gewöhnliches Gewächs. „Also haben wir ihn versetzen lassen, samt der Gedenktafel.“
Thomas Bächle, Lehrer an der Stuttgarter Oberschule, hat Yvan Schneider in Französisch unterrichtet und war sein Tutor. Er ist immer dabei, wenn sich die einstigen Klassenkameraden am Geburtstag am Gedenkbaum treffen. Es sei keine Pflichtveranstaltung, sagt er, und es kämen nur die, die können. „Nur noch ein paar leben in Stuttgart, der Rest ist in alle Winde verstreut. Aber wer nicht kommen kann, denkt um 18 Uhr an Yvan, egal, wo sie oder er ist.“ Auch im Schulalltag sei der Ermordete nicht vergessen, erklärt Thomas Bächle. „In der Festschrift zu unserem 100-Jahr-Jubiläum wird Yvan erwähnt.“ Und es gebe wohl kaum einen Schüler, vom Fünftklässler angefangen, der noch gar nicht geboren war, als die Tat geschah, und keinen Lehrer, auch wenn er noch nicht so lange an der Schule ist, der die Geschichte nicht kenne, erklärt Bächle.
Ganz ähnlich verhält es sich bei den Handballern des TV Stetten, die bis heute das Trikot mit der Nummer 10, das Yvan Schneider trug, in der Männermannschaft nicht vergeben. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause fand an diesem Dreikönigstag das 14. Yvan-Schneider-Gedächtnisturnier in der Fellbacher Zeppelinhalle statt, das von nun an Yvan-Schneider-Begegnungsturnier heißen wird. „Die Veranstaltung soll dazu dienen, dass sich Menschen begegnen“, sagt Guido Lamm, Spartenleiter Handball beim CVJM Fellbach, für den Yvan Schneider auch Tore warf und abwechselnd mit dem TV Stetten das Turnier veranstaltet. Das sei auch ganz im Sinne von Fabienne und Pierre Schneider, den Eltern des Getöteten. Die Erinnerung wird beim Turnier nicht nur durch die Schautafeln mit Zeitungsartikel über die Tat und die Täter lebendig gehalten. Zwar werden Weggefährten von Yvan Schneider wie Adrian Groh, für die es Ehrensache ist, dabei zu sein, immer weniger in den Teams.
Doch auch junge Spieler wie der 21-jährige Nikolay Beurer aus Stetten, der erst sechs Jahre alt war, als das Furchtbare geschah, fühlen sich der Sache verpflichtet. „Auf dem Platz ist die Geschichte zwar nicht ständig präsent, aber immer im Hinterkopf“, sagt er.
Hintergrund
Am 21. August 2007 wurde Yvan Schneider aus Rommelshausen auf der Obstwiese bei der Villa Rustica ermordet. Ein damals 18-jähriger Türke und dessen gleichaltriger Freund, ein Deutsch-Russe, schlugen und traten den Schüler des Wagenburg-Gymnasiums Stuttgart, Handballer und Jugendtrainer des TV Stetten, bis er tot war. An der Tat beteiligt waren auch ein 23-jähriger Deutsch-Pole sowie ein 16-jähriges Mädchen aus einer eritreischen Familie, das wie das Opfer aus Rommelshausen kam. Die Täter gingen auch nach dem Mord grausam zu Werke: Sie zerstückelten die Leiche und betonierten sie ein. Später bargen Taucher fünf Blumenkübel aus dem Neckar. Der Rumpf des Opfers wurde – in eine Mülltonne einzementiert – auf einem Feld bei Großbottwar gefunden.
Die Jugendstrafkammer des Landgerichts in Stuttgart verurteilte drei der Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Mordes. Der Haupttäter wurde zur höchstmöglichen Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt, sein zur Tatzeit gleichaltriger Freund ebenfalls zu zehn Jahren Jugendstrafe. Gegen die Freundin des Haupttäters wurden neun Jahre Jugendstrafe verhängt. Sie hatte zugegeben, Yvan Schneider am 21. August 2007 auf die Wiese in Rommelshausen gelockt zu haben, wo er erschlagen wurde. Der Deutsch-Pole bekam wegen Strafvereitelung drei Jahre und drei Monate. Alle an der Tat Beteiligten sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Der Haupttäter wurde in die Türkei abgeschoben.