König Friedrich als Role Model

EXTRA Queer: Kulturgemeinschaft Stuttgart zum Thema Queerness – König Karl und König Friedrich liebten Männer

Es kommt in den besten Kreisen vor. Nicht nur der bayerische Märchenkönig Ludwig, auch zwei württembergische Monarchen waren homosexuell. „EXTRA Queer“ heißt das Schwerpunktthema der Kulturgemeinschaft Stuttgart in der Saison 2023/2024. Seit  13. Oktober 2023 beschäftigt sich eine Reihe von neun Veranstaltungen mit dem Thema Queerness, ausgehend von der süddeutschen Historie bis hinein in die globale Gegenwart. Mit Film, Musical, Performance und Kunstreise, Vortrag, Theater, Tanz und Gesang verbinden sich dabei die künstlerischen Genres.
Die Mitwirkenden sind Margherita Lo Tito und Michael Wenger von der Kulturgemeinschaft, Konzeption und Projektleitung, Tobias Bednarz, Kunstführungen, Axel Brauch, Schauspiel und Gesang, Alexandra Mahnke, Tanz, und Gesine Mahr, Ausstattung. Als Kooperationspartner beteiligt sind die Arthaus Filmtheater Stuttgart, die Galerie Thomas Fuchs und der Kulturreisen-Anbieter Binder Reisen.

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Kulturgemeinschaft besucht die Originalschauplätze in Stuttgart und Ludwigsburg

Dass König Karl von Württemberg einen US-amerikanischen Hochstapler namens Charles Woodcock liebte, ist bekannt. Allenfalls angedeutet wird dagegen in der Geschichtsschreibung, dass auch sein Vorvorgänger Friedrich homosexuelle Neigungen besaß. Für seinen Geliebten, den sehr viel jüngeren Staatsminister Johann Carl von Zeppelin, ließ er ein Mausoleum errichten und wollte dort mit ihm begraben werden. Zwei Kunsterlebnisse der Kulturgemeinschaft besuchen die Originalschauplätze in Stuttgart und Ludwigsburg und schlagen mit Musik und Texten von August von Platen bis Kim de l’Horizon den Bogen bis in die Gegenwart (9. Mai und 21. Juli 2024). Viscontis Filmklassiker „Ludwig II.“ wird im Atelier am Bollwerk in der originalen Vier-Stunden-Fassung gezeigt (3. Dezember 2023), zu Ludwig- II.-Stätten in Bayern führen eine Kunstreise und zwei Tagesfahrten, verbunden mit einem Besuch des Musicals „Ludwig2“ (7. April, 4.–7. Juli, 29. September 2024). Tanz und Schauspiel treffen in der Galerie Thomas Fuchs auf Gemälde von Patrick Angus und Navot Miller (28. April 2024). Zum Auftakt am 13. Oktober  zeigte ein reich bebilderter Vortrag im Foyer der Kulturgemeinschaft queere Kunst seit dem 19. Jahrhundert.

Liebe ist Liebe

Bei allen Veranstaltungen besteht Gelegenheit zu Begegnung und Austausch, nicht nur der Künste, sondern auch der Teilnehmenden.
Margherita Lo Tito von der Kulturgemeinschaft meint: „Zwei der vier württembergischen Könige waren schwul. Unser Projekt möchte zeigen, Liebe ist Liebe, unabhängig von den sexuellen Vorlieben der einzelnen Menschen. Das darf doch in die Welt! Und ist ein klares Bekenntnis zu mehr Toleranz in der Gesellschaft.“ Ihr Kollege Michael Wenger erklärt: „Bis heute wird nicht gesehen, dass die Kunstprojekte Ludwigs II. einer Sublimierung seiner nicht gelebten Homosexualität entspringen, wie bei Michelangelo, wie bei Thomas Mann. Wir wollen die Kunstgeschichte mit heutigen Augen betrachten und dabei den gesellschaftlichen Diskurs erweitern. Es geht darum, durch eine fundierte Beschäftigung mit der Kunst unsere Wahrnehmung der Welt zu schärfen, in der Hoffnung, dadurch die Wirklichkeit zu verändern.“
Die Angebote zum Schwerpunktthema „EXTRA Queer“ gehen auf den Leitsatz der Kulturgemeinschaft zurück: „Wir bekennen uns zur Freiheit der Kunst und stellen uns entschieden gegen jede Form von Diskriminierung, Rassismus, Sexismus, Homophobie und Rechtsextremismus.“ Die Veranstaltungsreihe finanziert sich ausschließlich aus Eigenmitteln. Ihr Anliegen ist es, humanistische, historische und künstlerische Inhalte in neuen Formaten zu vermitteln, Horizonte zu erweitern und für Kunst zu begeistern wie auch den Dialog über die Inhalte und die Kunstformen zu fördern.

Gut zu wissen

Die Kulturgemeinschaft Stuttgart e. V. ist eine der größten Besucherorganisationen für Kunst und Kultur in Deutschland. Verschiedene Formen der Mitgliedschaft sowie inhaltlich und preislich breit gefächerte Abonnements ermöglichen bei ermäßigten Preisen einen leichten Zugang zum kulturellen Leben.
Die Kulturgemeinschaft wurde 1924 im Zuge der Volksbühnenbewegung gegründet und steht kurz vor ihrem 100-jährigen Jubiläum.

Tickets und Informationen – auch zu EXTRA Queer – unter Telefon 07 11 / 2 24 77 20, info@kulturgemeinschaft.de, www.kulturgemeinschaft.de