Stadtoasen für Pflanzen und Tiere

Der Stuttgarter Hauptfriedhof in Steinhaldenfeld ist Teil des BUND-Modellprojekts „Insektenfreundlicher Friedhof“.

Aktuelle Studien zeigen, es gibt 75 Prozent weniger Fluginsekten als noch vor 30 Jahren. Mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg verwandelt der BUND ungenutzte Friedhofsflächen in wertvolle Lebensräume mitten in der Stadt. Auf vier Modellfriedhöfen in Baden-Württemberg werden Flächen ökologisch aufgewertet, und der Stuttgarter Hauptfriedhof in Steinhaldenfeld ist einer davon.
Friedhöfe sind Orte der Ruhe, an denen Besucherinnen und Besucher die notwendige Stille zur Besinnung und Trauer um Verstorbene finden. Gleichzeitig sind sie bei entsprechender naturnaher Gestaltung wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Davon können sich Interessierte am Samstag bei einer Führung auf dem Hauptfriedhof in Stuttgart überzeugen. Die Naturschützer vom BUND Baden-Württemberg geben Einblicke in ihr Projekt „Insektenfreundlicher Friedhof“ und erläutern, wie eine insektenfreundliche Grabgestaltung gelingen kann. „Bei geeignetem Wetter wollen wir uns auch den Tagfaltern oder Wildbienen widmen und schauen, welche Arten sich beim Blütenbesuch auf dem Friedhof beobachten lassen“, sagt Thorsten Götz, der BUND-Projektkoordinator.
Dass die zweitgrößte Friedhofsanlage der Landeshauptstadt ausgewählt wurde, habe triftige Gründe, so der BUND-Mann. „Es kommt natürlich erst einmal darauf an, ob es entsprechende Flächen gibt“, so Götz. „Aber eben auch darauf, ob die Friedhofsverwaltung geneigt ist mitzumachen. Außerdem braucht es BUND-Ehrenamtliche vor Ort, die bereit sind, sich zu engagieren.“ All diese Kriterien erfüllt der Gottesacker in Steinhaldenfeld. Auf dem 30 Hektar großen Gelände finden sich viele Freiflächen mit unterschiedlichen und standortabhängigen Bedingungen hinsichtlich Trockenheit, Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit. Diese Vielfalt sei die Grundlage für Artenvielfalt und somit gute Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt, sagt Thorsten Götz. Im vergangenen Juli wurden die ersten Pflanzungen gesetzt. „Wir haben vier Mustergräber mit einheimischen Stauden wie Fetthenne, Frauenmantel, Vergissmeinnicht oder Taubnessel am Haupteingang angelegt“, so der Mann vom Naturschutzverband. Außerdem gebe es zwei Staudenbeete und eine bunte Blumenwiese mit zertifiziertem heimischem Saatgut. Rund 550 Quadratmeter des Friedhofs wurden so bereits ökologisch aufgewertet.
Über die Hälfte der 460 Wildbienen und 80 Prozent der Tagfalterarten sind im Südwesten gefährdet. Deshalb stehen sowohl die größeren Wildbienen wie die Hummeln, aber auch die kleineren Sand- und Mauerbienen oder Schmetterlinge wie Tagpfauenauge, Schwalbenschwanz und Kleiner Fuchs im Fokus des BUND-Modellprojekts. Der BUND möchte Lebensraumbedingungen für Wildbienen und Schmetterlinge verbessern und die biologische Vielfalt in der Stadt erhöhen.
Wildbienen- und Schmetterlingsarten auf den teilnehmenden Friedhöfen sollen erfasst und die Projektergebnisse Trägern, Kommunen, Gärtnereien oder Kirchen als Blaupause für Pflegepläne und Pflegekonzepte dienen, die die Lebensbedingungen für Wildbienen und Schmetterlinge in urbanen Gebieten verbessern. Natürlich soll auch die Bevölkerung für das Thema Biodiversität sensibilisiert und Wissen vermittelt werden, erklärt Götz. Und das Projekt soll Menschen motivieren, sich auf eigenen zu pflegenden Grabflächen und in privaten Gärten für Artenvielfalt einzusetzen.

Exkursion

Die Exkursion des BUND auf dem Hauptfriedhof Stuttgart, Steinhaldenstraße 52, findet am Samstag, 12. August, statt. Beginn ist um 14 Uhr, Treffpunkt ist an der Feierhalle beim Haupteingang. Um vorherige Anmeldung unter Tel. 07 11 / 6 19 70 40, 07 11 / 84 25 59 oder gerhard. pfeifer@bund.net wird gebeten. Die Führung dauert rund eineinhalb Stunden und ist kostenlos.