Das queere Pflegeheim

In Steckfeod hat Pasodi ein Pflegeheim mit queerem Konzept eröffnet – Hier sollen alte queere Menschen, Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intergeschlechtliche diskriminierungsfrei   betreut werden können.

Mitten in Steckfeld, mitten im neuen Quartier, haben das Siedlungswerk und Pasodi Paritätische Sozialdienst – eine Tochter des Paritätischen Wohlfahrtsverbands – in 34 Monaten ein Seniorenzentrum gebaut. Das Besonderes: Es ist ein queeres, ein queerfreundliches Senioren- und Pflegeheim. Das ist bisher einmalig in Stuttgart. Bedarfsgerechte Wohn- und Pflegebedingungen für queere Menschen, Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intergeschlechtliche erfahren hier in der Steckfeldstraße  Akzeptanz und Gleichbehandlung in einem diskriminierungsfreien Umfeld sowie Aufmerksamkeit, Einfühlungsvermögen und Offenheit durch queersensible Pflegekräfte.
Hauschefin Skadi Zimborski leitet nun ein Team von zwölf Mitarbeitenden. „Ich hatte keine Probleme, mein Mitarbeiterteam zusammenzubekommen“, und das trotz des aktuellen Pflegenotstands. Viele Altenpflegerinnen und Altenpfleger begeistern sich anscheinend für das neue Konzept,  sind neugierig und offen auf das neue, queere Pflegeheim und freuen sich auf den dortigen Alltag. Nach und nach werden die Zimmer nun von den neuen Bewohnerinnen und Bewohnern bezogen.

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Kein Problem, das Mitarbeiterteam voll zu bekommen: Viele Altenpflegerinnen und Altenpfleger begeistern sich anscheinend für das neue Konzept

Das neue Pflegeheim bietet 45 stationäre Plätze in Einzelzimmern mit eigenem Bad in vier Wohngruppen an. Zusätzlich stehen 26 Wohnungen für Betreutes Wohnen und drei eingestreute Kurzzeitpflegeplätze zur Verfügung.
Das moderne Seniorenzentrum soll auch als Begegnungsstätte im Rahmen eines Wohncafés für das Quartier und die weitere Quartiersarbeit sowie zur Förderung der nachbarschaftlichen Beziehungen dienen. Im neu entstandenen Saal können 60 bis 70 Menschen zusammen feiern, zum Hof hin können die Glasfronttüren geöffnet werden.
Letzteres gefällt Stuttgarts Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann besonders gut, wie sie bei der Eröffnung mit symbolischer Schlüsselübergabe zum Ausdruck brachte. „Dieses neue Haus mit seinem besonderen Konzept wird die pflegerische Infrastruktur in unserer Stadt bereichern. Auch deshalb, weil die Pasodi als Träger des Pflegeheims sich bewusst entschieden hat, queeren Menschen in Stuttgart bedarfsgerechte Wohn- und Pflegebedingungen zu bieten und für die Belange queerer Menschen in der Altenhilfe zu sensibilisieren. Hier kann man unter seinesgleichen wohnen, im geschützten Raum, gut aufgehoben.“ Sußmann ist gespannt, wie das Konzept in und über Stuttgart hinaus Schule machen wird. „Die Stadt Stuttgart wird alles wohlwollend begleiten, wir wollen von den innovativen Konzepten lernen“, so Sußmann.
„Vielfalt, Offenheit, Toleranz sind sowieso unsere Leitgedanken und die sollen hier jetzt umgesetzt und gelebt werden“, freut sich Frank Ulrich, Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste,  über die Eröffnung des neuen Pflegeheims. „Wir gehen einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Offenheit, Vielfalt und Toleranz in der Pflege. Es ist unser Ziel, ein respektvolles und offenes Umfeld für alle zu bieten, und wir sind stolz, hier in Steckfeld diesen wegweisenden Ansatz zu verfolgen. Gemeinsam wollen wir im Alltag nicht nur den rechtlichen und fachlichen Anforderungen entsprechen. Die Stärkung und konsequente Beachtung von Individualität und Selbstbestimmung der bei uns lebenden und arbeitenden Menschen stehen für uns im Mittelpunkt. Wir stehen für eine offene Willkommenskultur für Menschen der LSBTTIQ*-Community sowie für ein buntes Spektrum an Lebenskultur.“

Wir stehen für eine offene Willkommenskultur für Menschen der LSBTTIQ*-Community

Auch Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen, freut sich. „Die Einrichtung dieses ersten Pflegeheims mit LSBTTIQ-Ansatz in Stuttgart zeigt, dass in unserer freien und offenen Gesellschaft Menschen ohne Angst vor Diskriminierung oder Ausgrenzung leben und auch alt werden können. Und dies unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Es wird ein Ort sein, an dem sich alle Menschen akzeptiert und angenommen fühlen können mit ihrer ureigenen Persönlichkeit. Denn die heutigen Senior*innen entstammen noch einer Generation, die sich oft ein Leben lang verstecken mussten und erst mühsam Akzeptanz erfuhren. In ihrem letzten Lebensabschnitt können sie jetzt in Würde und frei altern.“
Ina Ramsauer übergab als Mitglied der Geschäftsführung der Siedlungswerk GmbH Wohnungs- und Städtebau symbolisch den Schlüssel an Frank Ulrich. „In Kombination mit den Miet- und Eigentumswohnungen für Menschen jeden Alters schaffen wir Begegnungsorte für ein gutes Miteinander in der Nachbarschaft“, so Ramsauer. Insgesamt werden 131 Einheiten hier in Steckfeld entstehen. Diese wurden in den vergangenen drei Jahren unter schwierigen Voraussetzungen gebaut. Und der Clou: Die Heizzentrale im Keller des neuen Pflegeheims versorgt das ganze neue Wohnquartier mit Energie und Nahwärme aus der Erde.

Gut zu wissen

Pasodi, der Träger des neuen queeren Seniorenheims in Steckfeld, ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Als Dienstleistungsunternehmen in der Altenhilfe mit über 700 Mitarbeitenden gehören zu Pasodi neun stationäre Einrichtungen mit etwa 500 Betreuungsplätzen sowie drei ambulanten Pflegediensten. Pasodi bietet weitere Versorgungsangebote wie Quartiersarbeit, Wohncafés und einen Menüservice nach Hause an. Im Paritätischen Mehrgenerationenzentrum in Stuttgart gibt es eine Kita mit 55 Betreuungsplätzen. Weitere Infos unter: www.pasodi.de