Wie ein Pharao: virtuell zum Jüngsten Gericht

Die immersive Ausstellung Tutanchamun fasziniert noch bis zum 25. März ein junges bis altes Publikum in der Schleyer-Halle –  ein Ausstellungsbesuch.

Tutanchamun – das immersive Ausstellungserlebnis, ist noch bis zum 25. März in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle zu erleben. Vermutlich hätten die Ausstellungsmacher die Ausstellung noch viel länger laufen lassen können, so gut ist die Nachfrage, aber das Porsche-Tennis-Turnier steht vor der Tür.
Eine immersive Ausstellung ist eine Art von Ausstellung, die den Besucher in eine interaktive und meist digitale Umgebung eintauchen lässt. Sie  nutzt  Projektionen, Licht, Klang und andere Technologien, um eine einzigartige und faszinierende Erfahrung zu schaffen.  Beispiele für immersive Ausstellungen waren  Phoenix des Lumières oder  Monets Garten – nun  also Tutanchamun.
Die Ausstellung kommt  gut an, Zeitslots für einen Besuch sind gar nicht so einfach zu bekommen. Der Eintritt von 24 Euro ist jetzt auch nicht so günstig. Trotzdem strömen alte und junge Stuttgarter zu Tutanchamun, um in einem Multimediaerlebnis 3400 Jahre zurück in die Nil-Region, von den fruchtbaren Uferstreifen des Flusses bis hin zur trockenen Wüste, in der atemberaubende Bauwerke errichtet wurden, erkunden Tempel und Schätze und tauchen ein, Hand in Hand mit dem Kindkönig Pharao Tutanchamun, in die Geschichte einer absolut magischen Zivilisation, die uns bis heute mit Rätseln fesselt. „So haben Sie das Alte Ägypten noch nie erlebt“, werben die Veranstalter.

Fotostrecke 9 Fotos

Eintauchen in die Geschichte des Kindkönigs Pharao Tutanchamun

Allerdings kann das Ausstellungserlebnis mit einer realen Reise ins Tal der Könige, dem Besuch eines Pharaonengrabs oder einem Besuch der Pyramiden bei Kairo nicht mithalten.
Tutanchamun war ein ägyptischer Pharao, der etwa von 1332 bis 1323 v. Chr. regierte. Bekannt wurde er, als Howard Carter 1922 im Tal der Könige sein nahezu nicht geplündertes Grab (KV62) entdeckte. Die Entdeckung des Grabes war ein bedeutendes Ereignis in der Archäologiegeschichte. Tutanchamuns Grab enthielt viele wertvolle Schätze, darunter die berühmte goldene Totenmaske.  Die Grabkammer von Tutanchamun wurde in mehreren Schichten errichtet und enthielt viele Schätze und Artefakte. Die Maske von Tutanchamun ist eines der bekanntesten Artefakte aus seinem Grab und gilt als Meisterwerk der ägyptischen Kunst. Der Sarg von Tutanchamun ist ebenfalls ein wichtiger Fund und wurde aus massivem Gold gefertigt.

Cool ist die Fotobox: Hier kann man von sich selbst Fotos als Pharao oder Diener erstellen und sich herunterladen

Zwar gibt sich die Ausstellung mit zwei großen beschreibenden Zeittafeln große Mühe, die Faszination der Ausgrabungen von Carter 1922  auch historisch korrekt darzustellen, allerdings kommen die vollständigen Grabbeigaben des Pharaos, die in Kairo im Ägyptischen Museum ausgestellt – und bald im neuen Museum bei den Pyramiden – in der immersiven Ausstellungen in der Schleyerhalle visuell  deutlich zu kurz. Die nachgebauten Repliken kommen an die Originale nicht heran, vermitteln zu oft nur eine Art Plastik-Terrakotta-Feeling aus dem 3-D-Drucker, was Mumien, Totenmaske, Sarkophag betreffen – es fehlt einfach der echte Glanz! Einzig ein paar originale Ausstellungsstücke des Archäologen Carter werten die Authentizität ein bisschen auf, so seine persönlichen Notizen und Zeichnungen, die der englische Archäologe bei den Ausgrabungen angefertigt hat.

Digitale Reise zur Ausgrabungsstätte und zum Jüngsten Gericht

Cool allerdings die Fotobox: Hier kann man von sich selbst Fotos als Pharao oder Diener erstellen und sich selbst herunterladen – eine schöne Idee, die vom Publikum sehr gern angenommen wird.
Dann ein Höhepunkt der Ausstellung, die Multimediahalle mit 360-Grad-Show, Musik, bunten, das Publikum umlaufenden Bildern vom Nil  und schönen visuellen goldenen Effekten in Gold und Grellbunt. War man allerdings mal selbst im Tal der Könige oder im Tempel von Hatschepsut oder im Tempel von Karnak, ist das alles so gar nicht wie vor Ort – zu viel Legofarben und zu wenige historische Fakten. Die Ausstellungsmacher versuchen vielmehr, effektheischend so eine Art unheimliche, göttliche Atmosphäre zu kreieren, in der der Pharao seinem Volk gegenübertrat, historische Informationen sind da anscheinend nicht so wichtig, die pharaonischen Mythen und Götter werden wenig erklärt: Effekt  schlägt historische Authentizität. Super dann aber wieder das Erkunden von Grab und Ausgrabungsstelle in der digitalen Umgebung der Ausstellung. Von außen betrachtet laufen die Besucher durch eine leere Halle, mit ihren Brillenhelmen auf. Trägt man diesen, befindet man sich in der digitalen Welt des Alten Ägypten – cool! Am Ende begibt man sich noch auf eine digitale Reise aus der Sicht des toten Pharaos über Lavafelder zum Jüngsten Gericht und ins (luxuriöse) Reich der Toten, dass es einem schwindelig wird, so echt wirkt dieser virtuelle Ausflug.
Authentisch oder nicht: Beim jungen wie alten Publikum ist die Tutanchamun-Ausstellung ein Renner und kommt sehr gut an – immersive Ausstellungen werden uns künftig noch öfter begegnen...

Gut zu wissen

Tutanchamun – das immersive Ausstellungserlebnis noch bis zum  25. März 2024 in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle, Mercedesstraße 69. Täglich von 10 bis 21 Uhr geöffnet, Einlass im 15-Minuten-Takt. Aufenthaltsdauer unbegrenzt. Empfohlen wird der
Online-Ticketkauf zur Vermeidung von Wartezeiten.
Ist ein Zeitslot im Online-Shop ausverkauft, sind leider auch vor Ort keine Tickets mehr verfügbar.
Tickets unter: https://www.tutanchamun-immersiv.de/tut/stuttgart.
Mehr Fotoeindrücke in der Fotogalerie unter: www.stuttgarter-wochenblatt.de