Vor 30 Jahren eröffnete am Marienhospital die erste Spezialabteilung für Brandopfer in der Region. Seither revolutionierten die Spezialisten um Oberarzt Dr. Matthias Rapp  weltweit die Behandlung von Patienten mit schweren Verbrennungen. Auch die Brandopfer des Stromschlag-Unglücks am Vaihinger Bahnhof sind  hier behandelt worden.

Zum 30-jährigen Jubiläum darf sich das Burn-Team über eine Vergrößerung der Abteilung freuen, die seit ihrem Bestehen über zwei Betten verfügt. Jetzt ist ein drittes Bett dazugekommen. Denn der gute Ruf der Abteilung bringt es mit sich, dass immer mehr Kliniken aus ganz Baden-Württemberg Verbrennungsopfer nach der Erstversorgung vor Ort ins Marienhospital fliegen lassen. Dr. Matthias Rapp ist Oberarzt der Spezialabteilung, die zur Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie gehört. Denn die Behandlung Schwerbrandverletzter ist eine interdisziplinäre Angelegenheit: „Zu unserem Burn-Team gehören neben Unfallchirurgen auch Anästhesisten und Intensivmediziner, Intensiv- und Stationspflegekräfte sowie Krankengymnasten und Ergotherapeuten.“ Die Erstversorgung eines Patienten mit schweren Verbrennungen erfolgt noch heute im Prinzip so wie vor 30 Jahren. „Der Patient kommt zunächst in unser Verbrennungsbad. Dort steht eine Spezial-Badewanne, in der die verbrannte Haut operativ entfernt und die Körperoberfläche desinfiziert wird. Der Patient ist während der schmerzhaften Prozedur in Narkose und wird beatmet“, so Dr. Rapp.Verändert hat sich allerdings oft die Art der Operation. Früher wurde tief verbrannte Haut mit Verbrennungen zweiten und dritten Grades operativ entfernt, dann wurde dem Patienten an einer nicht verbrannten Körperregion Spalthaut entnommen. Mit diesen dünnen Hautschichten – oft auch in Labors nachgezüchtet – wurden die verbrannten Körperpartien bedeckt. An der Entnahmestelle wuchs dann neue Haut nach. Ärzte des Marienhospitals entwickelten in den 90er Jahren mit der Denkendorfer Firma Polymedics Innovations das Material Suprathel. Das ist eine papierartige Ersatzhaut aus Milchsäure, die bei Verbrennungen zweiten Grades direkt auf die verbrannten und gereinigten Körperpartien aufgebracht wird. „Früher musste der Patient häufige schmerzhafte Verbandwechsel ertragen. Heute bleibt das Suprathel so lange auf dem Körper, bis sich darunter neue Haut gebildet hat“, so Dr. Rapp. Auch kosmetisch sei das Ergebnis weit besser. Die größte Gefahr sind die eigenen vier Wände: „Regelmäßig im Frühjahr und Sommer behandeln wir zahlreiche Opfer von Grillunfällen“, erzählt Rapp. Der Spiritus, mit dem die Holzkohle zum Glühen gebracht werden soll, kann schwere, manchmal sogar tödliche Verbrennungen nach sich ziehen. „Wenn die Menschen sich merken würden, dass Spiritus in der Nähe eines Grills nichts verloren hat, könnte das die Zahl der Verbrennungsopfer bereits drastisch reduzieren“, appelliert er an die Vernunft.Über 1000 Patienten mit schwersten Verbrennungen und eine ungezählte Zahl mit leichteren Verbrennungsverletzungen wurden in den letzten drei Jahrzehnten im Marienhospital behandelt, darunter auch Brandopfer der Flugkatastrophe von Ramstein 1988, die Dr. Rapp noch in guter, schrecklicher Erinnerung ist: „Damals mussten wir fünf schwer brandverletzte Patienten bei uns aufnehmen“, erinnert er sich. In Deutschland gibt es bis heute nur 38 Verbrennungszentren mit je einem bis maximal zwölf Betten.