Ab und zu kommt es vor, dass Oliver Kunze Anfragen erhält, ob er als Präparator ein verstorbenes Haustier ausstopfen könnte. „Ich wüsste gar nicht, wie das geht“, sagt Kunze lachend.  Die Tiere, mit denen er sich befasst, sind  schon seit tausenden oder millionen Jahren ausgestorben. Er ist paläontologischer Präparator.

Vorsichtig streicht Oliver Kunze über eine Reihe versteinerter Wirbel. „Das ist ein Stück vom Hals eines Plesiosaurus“, erklärt der Fachmann. Die fossilen Überreste schätzt er auf 150 Millionen Jahre. Über 20 Stunden dauerte es, die Wirbel aus dem umliegenden Gestein zu befreien. Den Saurierkopf, einen Teil des Rumpfes, weitere Wirbel und eine Flosse hat Kunze noch vor sich. Insgesamt 260 Stunden wird er für die Rekonstruktion des Meeresräubers benötigen, den er von einem Museum aus Luxemburg zur Bearbeitung erhalten hat. Die Präparation ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Skelett ist in ein ungünstiges poröses Gestein eingeschlossen und droht zu zerfallen, wenn es unbehandelt aufbewahrt wird. „Viele Museen haben solche Schätze in ihren Kellerarchiven“, sagt Kunze und meint bedauernd: „Aber es fehlt das Geld, sie zu erhalten. Irgendwann macht jemand den Karton auf und es liegt nur noch Staub darin.“ Seit 20 Jahren ist Kunze paläontologischer Präparator. Der Kreis der Berufskollegen ist klein, aber die Konkurrenz ist enorm. „Als paläontologischer Präparator findet man nur bei Museen eine Anstellung. Aber dort wird gespart und Stellen sind rar“, erklärt er. Den meisten aus der Szene bleibt nur der Schritt in die Selbstständigkeit. Auch Kunze hat sich mehrere wirtschaftliche Standbeine geschaffen. In seinem kleinen Laden in Birkach verkauft er Halbedelsteine, Schmucksteine und Kristalle. In der Werkstatt hinter den Geschäftsräumen präpariert er Exponate von Museen oder bereitet Fossilien für den Weiterverkauf an private Sammler vor. Mit Mikroskop, feinem Sandstrahler und Präzisionswerkzeug trägt er Schicht um Schicht ab, fügt abgesplitterte Fragmente an ihren Platz und repariert Risse im Stein. Eine ruhige Hand und große Liebe für kleine Details sind eine wichtige Voraussetzung für den Beruf des paläontologischen Präparators. Und ein großes Wissen auf verschiedensten Gebieten. Nicht nur in Geologie und Paläontologie ist Expertenwissen gefragt. „Man muss sich immer wieder auf neue Sachen einlassen“, betont Kunze. Zum Rechtsgelehrten muss er werden, wenn es um den Handel mit Fossilien geht. Ein Import aus Ländern wie Russland oder China ist nicht immer einfach. Selbst in Deutschland ist die Rechtslage verzwickt, wenn es um Fossilienfunde geht. „Ich kann nicht einfach irgendwo graben und die gefundenen Stücke verkaufen“, sagt Kunze.Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern erfordert oft intensive Recherche über die Tiere und Pflanzen längst vergangener Epochen. Die Bearbeitung von Stein gehört ebenso zum Beruf wie Materialkunde von Holz, Kunststoff und Metall. Auch, wenn es in seinem Beruf viel Idealismus braucht, könnte er sich nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. „Es ist ein tolles Gefühl, an etwas zu arbeiten, das von Dauer ist“, sagt Kunze und dreht den Schädel des Plesiosaurus in den Händen: „Die Stücke werden noch in Museen zu sehen sein, wenn ich längst nicht mehr bin.“