Der Verein Backhaus Heumaden darf seit Mitte März unter strengen Vorgaben den Holzofen anheizen

 

Edith Alm öffnet Läden und Fenster im Backhaus. Seit Mitte März raucht der Schornstein wieder. Von November an stand hier alles still. Nun wird der Ofen angeheizt, der Teig für Brot und Kuchen geknetet und auf hölzernen Schiebern eingeschossen. „Immer unter Einhaltung der aktuellen Pandemie-Verordnungen“, erklärt Bernhard Clauß, seit 2013 der Vorsitzende des Vereins Backhaus Heumaden.


Das Backhaus an der Alten Kirche ist das einzige in Stuttgart, das noch in Betrieb ist. Es wurde 1773 mit dem benachbarten Pfarrhaus gebaut und 1840 zum Gemeindebackhaus erweitert. Das letzte Mal wurde während des Ersten Weltkrieges gebacken, als die Dorfbäcker an der Front waren. 
1937, nach der Eingemeindung von Heumaden nach Stuttgart, ging das Backhaus in die Obhut des Tiefbauamtes, das den Backofen entfernte und Vesperstube und Lager einrichtete. Als das Amt 1997 das Backhaus nicht mehr benötigte, formierte sich der Verein mit dem Ziel, das historische Gemäuer wieder seiner Bestimmung zuzuführen.

Im Mai 1998 wurde der neue Backofen mit einem eigenen Backhausfest gefeiert. Vier Monate später, im September, brannte der Dachstuhl wegen eines Einbaufehlers am Schornstein ab. Im Februar war der Schaden wieder behoben, und seitdem wird regelmäßig Feuer im Ofen gemacht.
Backen dürfen nur die derzeit rund hundert Vereinsmitglieder, die auch beim Holzspalten helfen müssen. Die Bäume würden vom Förster oder von einem Profi geschlagen, erzählt der Vorsitzende. 


„Wenn die Buche liegt, sägen wir sie klein.“ Die Backprofis aus Heumaden bevorzugen Buche als Brennholz für den gusseisernen Ofen, weil es den höchsten Brennwert hat, erklärt Bernhard Clauß.Es dauert dennoch gut einen halben Tag, bis der Holzofen auf die perfekte Brot-Backtemperatur von 250 Grad Celsius erhitzt ist. Die Mühe lohne sich, nicht nur, weil das Brot besonders gut schmeckt, findet Schriftführerin Edith Alm. „Wir wissen auch genau, was drin ist.“


In Heumaden gibt es verschiedene Backgruppen. Jede habe einen „Boss“, der einen Schlüssel fürs Backhaus hat und für alles verantwortlich ist, erläutert Edith Alm.  Die Gruppen mit teilweise fantasievollen Namen wie „Die fantastischen 15“, „Christels Backgäng“ oder „Hefeschneckl“ heizen selbstständig den Ofen an und bereiten Teig in den zwei Profi-Knetmaschinen zu, die der Verein aus einer Geschäftsaufgabe kaufen konnte.


Seitdem das Corona-Virus strenge Regeln für das öffentliche Leben vorschreibt, tragen die Gruppen ihren Terminwunsch in einen digitalen Kalender auf der Vereinsseite im Internet ein. Und die Bäcker sind vom Verein verpflichtet worden, sich vor jedem Backgang über die aktuell geltenden Vorschriften zu informieren. „Bei den ständig wechselnden Vorgaben – je nach Inzidenz – haben wir diese Verantwortung an unsere Mitglieder übertragen“, sagt Clauß. 
Und wenn dann gebacken wird, ist das von Weitem zu sehen. Dann steigt nämlich eine Rauchfahne aus dem Kamin raus.


„Heimlich backen geht nicht. Wir sind froh, dass wir wieder anheizen dürfen“, sagt Edith Alm. Und alle hoffen, dass auch das Vereinsleben auf dem Platz vor dem historischen Backhaus mit dem vor zwei Jahren reaktivierten Trinkwasserbrunnen bald wieder an Fahrt gewinnt.

Info: Wer neugierig geworden ist, findet weitere Informationen unter: www.backhaus-heumaden.de. Das Backhaus befindet sich in der Schwendestraße 5, in der Nähe der Alten Kirchen Heumaden, gegenüber dem Gemeindebüro.